[… 153] Der Herr wolte Petrum in solchem Elend nicht stecken lassen, darum wandte er sich um, blickte vom hohen Saal herabwerts, etwa durch ein Fenster, oder durch eine offene Thür im Pallast des Hohenpriesters, gab Petro ein freundliches Auge, und sahe ihn an. Der Blick des Heylandes war gleichsam die Sonne, die das kalte Hertz in Petro erwärmete. Dieser Blick muste das erloschene Glaubens-Töchtlein wieder auftblasen. In diesem Blick hat Christus dem Petro vielleicht so ins Hertz geredet? Ach ! Petre, was hast du gethan? Dencke, was ich für einen [154, z.b.] Blitz habe ausgeschossen wider die, so mich verleugnen: Wer mich bekennet vor den Menschen, den will ich bekennen vor meinem himmlichen Vater. Wer mich aber verleugnet vor den Menschen, den will ich auch verleugnen vor meinem himmlichen Vater. Matth. 10,32.33. Du hast gesagt: ‘Ich kenne sein nicht. Wie, wann ich wieder sagen würde am jüngsten Tage: Ich kenne dich nicht? Aber, sey unverzagt, noch steht dir die GnadenThür offen. Ich, der ich aller Menschen Sünde büsse, büsse auch deine Sünde,die du jetzt gethan hast. Schaue mich an, das Lämmlein Gottes, das aller Welt Sünde trägt. Schaue mich an, den freundlichen Hirten, der dich wieder suchet,da du verloren. Schaue mich an, mein Sohn, und gib mir dein Hertz.
Hie fängt Petro das Hertz im Leibe an zu schmeltzen, zu wallen, und zu weinen. Denn als ihn der Herr ansahe, da gedachte Petrus an das Wort lesu, als er zu ihm gesagt hatte: Ehe der Hahn zweymal krähet, wirst du mich dreymal verleugnen. Petrus schlägt in sich, und dencket: Ach, was habe ich gethan? O du unseeliger Fuß, O du verlogene Zunge: O des verblendeten Hertzens! Heißt das mit in den Tod gehen? Hat dich doch kein Hencker weder gerecket noch gestrecket, und ich habe mich doch so liederlich versehen, ja gar verleugnet Jesum, meinen Meister und Herrn. O weh, O Furcht, O Grimm ! Das Höllen-Hauß will mich verschlingen.
Wo soll ich fliehen hin,
Weil ich beschweret bin
Mit viel und grossen Sünden?
Wo soll ich Rettung finden?
Wenn alle Welt herkäme,
Mein Angst sie nicht wegnähme.
Doch unverzagt. Da steht der Herr, der mir so einen Gnaden-Blick gibt. Der hat gesagt, Petre, ich habe für dich gebeten, daß dein Glaube nicht auffhöre. Der träget meine Sünde auch, gleichwie er aller Menschen Sünde trägt.
o Jesu voller Gnad,
Auff dein Gebot und Rath,
Kommt mein betrübt Gemüthe,
Zu deiner grossen Güte,
Laß du auff mein Gewissen
Ein Gnaden-Tröpflein fliessen.
Ich dein betrübtes Kind,
Werff alle meine Sünd,
So viel ihr in mir stecken,
Und mich so hefftig schrecken,
In deine tieffe Wunden,
Da ich stets, Heyl gefunden.
Mein Hertz, solt du bekehret werden, so muß Jesus das Beste bey dir thun, er muß einen Blick in dein Hertz thun. Ein erschreckender Zorn-Blick kommt aus dem Gesetz, ein erquickender Gnaden-Blick aus dem Evangelio. Wann die Sonne dem kalten Eiß einen warmen Blick gibt, da zerschmeltzet es. Der Gnaden-Blick des Herrn ist die Feuers-Brunst, die das Hertz in solchem Blick anzündet, daß es in Buß-Thränen gleichsam zerschmeltzen mag. Der Heiland muß das Beste thun, mit dem Hahnen-Geschrey. Denn als Petrus das HahnenGeschrey hörte, da schlug er in sich. Mein Hertz, stellet dir nicht Gott auch seine Hahnen, seine Wächter und Buß-Prediger auff, die dir aus dem Gesetz die Sünde müssen vorhalten, mit Mosis Fluch hinein donnern, und blitzen in deine Seele? O Ja. Erwecket er nicht in dir dein Gewissen, den wachsamen Hahn, der dich muß auffwecken, ängstigen, überzeugen und verdammen? Ja freylich. Wie offt steckt er die Creutz-Fahn aus über deinem Hauß, ob du wollest in dich schlagen, und dich bekehren? Drum heute, heute, weil ihr des Herrn Stimme höret, so verstocket eure Hertzen nicht” (S. 307 ff.).